Besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung - neues Regelbeispiel betreffend sog. „Briefkastenfirmen“

Mit Wirkung zum 24.06.2017 ist – vor allem auch als Reaktion auf die Panama Papers - das Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (StUmgBG) verkündet worden. Mit dem StUmgBG wurde unter anderem das neue Regelbeispiel zu Drittstaaten-Gesellschaften, besser bekannt als sog. Briefkastenfirmen, eingeführt (§ 370 Abs.3 Satz 2 Nr. 6 AO).

Hiernach liegt auch dann ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung vor, wenn eine Drittstaat-Gesellschaft, auf die der Steuerpflichtige alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, von diesem zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen genutzt wird und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt werden. Als Drittstaat-Gesellschaft gilt nach der Legaldefinition des § 138 Abs. 3 AO eine Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Sitz oder Geschäftsleitung in Staaten oder Territorien, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind. Im Umkehrschluss ergibt sich jedoch, dass beispielsweise Briefkastenfirmen in Liechtenstein nicht unter das neu gefasste Regelbeispiel fallen.

Eine entsprechende Einflussnahme ist anzunehmen, wenn anderen Personen faktisch kein wesentlicher Entscheidungsspielraum mehr verbleibt. Von einer Verschleierungshandlung kann ausgegangen anzunehmen, wenn durch irreführende Maßnahmen den Ermittlungsbehörden die Erkennbarkeit bzw. der Zugriff auf steuerlich erhebliche Tatsachen erschwert wird. Hiervon kann bei der Errichtung einer – meist komplexen – Struktur im Ausland jedoch in der Regel ausgegangen werden. Da eine fortgesetzte Begehung für die Erfüllung des Regelbeispiels erforderlich ist, muss vor der Anwendung des Regelbeispiels bereits zweimal mittels des „Steuerspar – Vehikels“ Steuern hinterzogen worden sein. Mithin greift die Strafschärfung erstmals für die dritte Tat.

Das neue Regelbeispiel findet Anwendung auf alle Taten, die ab dem 25.06.2017 begangen worden sind. In diesem Zusammenhang ist zudem zu berücksichtigten, dass Steuerpflichtige Altsachverhalte zu Drittstaat-Gesellschaften nach § 138 Abs. 2 AO zusammen mit der aktuellen Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuererklärung für 2018 zu melden haben, wenn der beherrschende bzw. bestimmende Einfluss auf die Gesellschaft noch am 01.01.18 fortbesteht, wodurch die Finanzverwaltung auch auf Altsachverhalte aufmerksam werden kann.

Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass eine Selbstanzeige im Zusammenhang mit Drittstaat-Gesellschaften nunmehr nur zuzüglich des Strafzuschlags nach § 398a AO möglich ist, da in diesen Fällen der Sperrgrund des § 371 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AO greift. Zu beachten ist zudem, dass die Strafverfolgungsverjährung bei besonders schweren Fällen zehn Jahre beträgt (§ 376 Abs. 1 AO). Dies gilt für alle bei Inkrafttreten des Änderungsgesetzes noch nicht abgelaufenen Verjährungsfristen.

In Ansehung des zwischenzeitlich bestehenden regen Informationsaustauschs zwischen den Staaten in Form von Amtshilfe oder automatischen Datenaustausch ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch diese Sachverhalte aufgedeckt werden. In Ansehung der strafrechtlichen und auch finanziellen Risiken bei einer Tatentdeckung bleibt die strafbefreiende Selbstanzeige – auch unter Einbeziehung des Strafzuschlags nach § 398a AO – für Betroffene nach wie vor der einzige Weg zurück in die Legalität. Für Fragen zu diesem Thema sowie für Erfahrungs- und Informationsaustausch stehen wir Interessierten und Betroffenen gerne zur Verfügung. 

 

Verfasser: Bernd J. Fuhrmann, Rechtsanwalt MBL – (HSG) / Ines Flesch, Rechtsanwältin

 

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