BAG: Basis für die Berechnung von tariflichen Zuschlägen ist mindestens der Mindestlohn

Die Richter stellten mit ihrem Urteil vom 20.09.2017 – 10 AZR 171/16 klar, dass Nachtzuschläge, die auf den tatsächlichen Stundenverdienst zu zahlen sind, mindestens aus dem gesetzlichem Mindestlohn zu berechnen sind. Auch die Höhe der Entgeltfortzahlung an Feiertagen bestimmt sich – soweit kein höherer tariflicher oder vertraglicher Vergütungsanspruch besteht – nach § 2 EFZG i.V.m. § 1 MiLoG, entschied das Bundes-arbeitsgericht in Erfurt zu nachstehendem Sachverhalt:


Die Klägerin war langjährig bei der Beklagten als Montagekraft beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft Nachwirkung ein Manteltarifvertrag (MTV) Anwendung, der unter anderem einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 25% des tatsächlichen Stundenverdienstes und ein "Urlaubsentgelt" in Höhe des 1,5-fachen durchschnittlichen Arbeitsverdienstes vorsieht. Für den Monat Januar 2015 zahlte die Beklagte neben dem vertraglichen Stundenverdienst von 7,00 € eine "Zulage nach MiLoG". Die Vergütung für einen Feiertag und einen Urlaubstag berechnete sie ebenso wie den Nachtarbeitszuschlag für fünf Stunden nicht auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns, sondern nach der niedrigeren vertraglichen Stundenvergütung. Darüber hinaus rechnete sie ein gezahltes "Urlaubsgeld" auf Mindestlohnansprüche der Klägerin an. Die Klägerin verlangte mit ihrer Klage eine Vergütung aller im Januar 2015 abgerechneten Arbeits-, Urlaubs- und Feiertagsstunden mit dem Mindestlohn von damals 8,50 € (inzwischen 8,84 €) brutto und meinte, auch der Nachtarbeitszuschlag sei auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns zu berechnen. Der Klage wurde in der Sache stattgegeben.


Der Zehnte Senat entschied, der Arbeitgeber müsse zur Berechnung der Vergütung für einen Feiertag, eines tariflichen Nachtarbeitszuschlags oder eines tariflichen Urlaubsentgelts den Mindestlohn für die Berechnung zugrunde legen. "Das ist Gesetz. Das ist die Basis", sagte der Vorsitzende Richter Rüdiger Linck.


Das MiLoG gewähre zwar nur Ansprüche für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden. Nach § 2 Abs. 1 EFZG habe der Arbeitgeber aber für Arbeitszeit, die aufgrund eines gesetzlichen Feiertages ausfalle, dem Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte (Entgeltausfallprinzip). Dies gelte auch dann, wenn sich die Höhe des Arbeitsentgeltes nach dem MiLoG bestimme; dieses enthalte keine hiervon abweichenden Bestimmungen. Ein Rückgriff des Arbeitgebers auf eine vertraglich vereinbarte niedrigere Vergütung scheide aus.

Der tarifliche Nachtarbeitszuschlag, der auf den tatsächlichen Stundenlohn zu zahlen sei, sowie das tarifliche Urlaubsentgelt müssten nach den Bestimmungen des MTV ebenfalls (mindestens) auf Grundlage des gesetzlichen Mindestlohnes von (damals) 8,50 Euro berechnet werden, da dieser Teil des "tatsächlichen Stundenverdienstes" i.S.d. MTV sei.
Eine Anrechnung des gezahlten "Urlaubsgeldes" auf Ansprüche nach dem MiLoG könne nicht erfolgen, da der MTV hierauf einen eigenständigen Anspruch gebe und es sich nicht um Entgelt für geleistete Arbeit handele.

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